Kurz und gut: Alben von Low Cut Connie, Allison Russell und Public Service Broadcasting

Low Cut Connie credit Shervin Lainez

Die Sounds & Books-Reviews zu den am 08.09.2023 erscheinenden Alben von Low Cut Connie, Allison Russell und Public Service Broadcasting

von Werner Herpell

In einer neuen Ausgabe von „Kurz und gut“ geht es um aktuelle Alben des Piano-Garagenrockers Low Cut Connie aus Philadelphia, der kanadischen Soul-Folk-Sängerin Allison Russell und des experimentellen britischen Electronic-Pop-Trios Public Service Broadcasting.

Low Cut Connie: Art Dealers

Wer Barack Obama, Nick Hornby, Elton John und Bruce Springsteen zu seinen Fans zählen darf, hat als Musiker so einiges richtig gemacht. Die beiden Letztgenannten wiederum finden sich als Referenzen im Werk von Adam Weiner alias Low Cut Connie wieder, dessen neues

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Album abermals mit einer Mixtur aus schwitzigem Sixties-Soul, smartem Piano-Pop sowie kernigen Garagen- und Heartland-Sounds begeistert. Der „Boss“ und diverse Klavier-Rocker der vergangenen Jahrzehnte (auch Billy Joel und Ben Folds sind hier zu nennen) werden in den 13 Songs von „Art Dealers“ unverblümt euphorisch als Einflüsse präsentiert. Und das macht beim Hören einen Heidenspaß.

Denn Low Cut Connie ist einfach ein verdammt guter Songwriter und ein hervorragender Sänger, der trotz mancher Retro-Tendenzen nie in Plagiatsverdacht gerät. „Are You Gonna Run“ oder „Call Out My Name“ etwa wären in einer besseren Welt Riesenhits, und für die Klavier-Ballade „Beautiful Boy“ holt Weiner sein schönstes Falsett hervor. Nach dem Kritiker-Erfolg des opulenten Vorgängers „Privat Lives“ (2020) und dem Pandemie-Album „Tough Cookies: Best Of The Quarantine Broadcasts“ (2021) legt der auch live gandiose Piano-Mann aus Philadelphia ohne Qualitätsverlust nach. Daneben hat Low Cut Connie auch einen 80-minütigen Konzert-Dokumentarfilm gedreht, der Ende des Jahres Premiere haben soll. Bei einem Solo-Piano-Auftritt in Berlin zeigte sich Weiner, was den großen Durchbruch betrifft, zwar skeptisch – mit dem tollen „Art Dealers“ sollte er jedoch tatsächlich aus der Indie-Nische heraustreten.

„Art Dealers“ von Low Cut Connie erscheint am 08.09.2023 bei Haldern Pop Recordings/Rough Trade. (Beitragsbild: Low Cut Connie von Shervin Lainez)

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Allison Russell: The Returner

Ihre Kollegin im Black-Folk-Projekt Our Native Daughters, Rhiannon Giddens, hat gerade erst mit „You’re The One“ ein sehr starkes Album vorgelegt – da zeigt auch Allison Russell ihre ganze Klasse. Die mehrfach für den Grammy nominierte Singer-Songwriterin hat für „The Returner“ einen üppigen, groovigen Sound zwischen Soul und Pop, Folk, Disco und Gospel gefunden. Fast unnötig zu erwähnen, dass Russells volle, warme Stimme wieder in Bestform ist. Gastauftritte der legendären Prince-Mitstreiterinnen Wendy & Lisa (man hört sie besonders gut im Funk-Track „All Without Within“), von Brandi Carlile und Hozier runden die Performance ab.

„Groove als dringender Aufruf zum Handeln und zum politischen Aktivismus“ sollte die Grundlage des Albums sein, sagt die aus Montreal stammende Musikerin. Und Russell fügt hinzu: „Mit einem Wort, es ist funkiger. Aber wie in der Geschichte von allem, was funky ist, geht es nie nur um eine Party. Es ist ein Multiversum von Energien, das die Feier und den Kampfschrei miteinander verbindet.“ Oft entwickeln sich die auf Englisch oder Französisch gesungenen Lieder aus einem Spiritual-Ansatz (etwa im Opener „Springtime“ oder in „Demons“), um dann mit viel R&B-Feeling Fahrt aufzunehmen. Das Ergebnis: pure, kreative Lebensfreude. Die Multiinstrumentalistin zeigt mit dem Nachfolger ihres Solo-Debüts „Outside Child“ (2021), dass sie zu den wichtigsten nordamerikanischen Künstlerinnen gezählt werden muss.

„The Returner“ von Allison Russell erscheint am 08.09.2023 bei Fantasy Records/Concord.

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Public Service Broadcasting: This New Noise

Soll man ihre Musik nun dem experimentellen Electronic-Pop oder dem Progressive-Rock zuordnen? Die bisherigen Platten von Public Service Broadcasting ließen beides zu. Auf „This New Noise“ erweitert das Trio mit den Pseudonymen J. Willgoose Esq., Wrigglesworth und J F Abraham sein Spektrum um eine sinfonische Komponente mit dem 88-köpfigen BBC Symphony Orchestra unter der Leitung von Jules Buckley. Und wieder geht es – nach British-Empire-Geschichte, Großmächte-Wettlauf im Weltraum und industriellem Niedergang auf vorherigen Konzeptalben von PSB – um ein großes Thema: die Macht des Radios anlässlich des hundertjährigen Bestehens der britischen Rundfunkanstalt BBC.

Das von teils historischen Spoken-Word-Passagen und breiten Orchester-Klängen geprägte Album geht zurück auf eine Live-Aufführung für die BBC Proms. PSB-Mastermind J. Willgoose Esq.: „Es war ein Privileg, mit so fähigen Künstlern wie dem BBC SO zu spielen und vor allem unter der klugen Führung von Jules.“ Dirigent Buckley lobt: „Die musikalische Botschaft von J. Willgoose Esq. und den Jungs von der Band ist heute so aktuell und kraftvoll wie eh und je.“ Wie schon auf früheren Werken seit dem Debüt „Inform – Educate – Entertain“ (2013) versuchen sich Public Sevice Broadcasting daran, dem Hörer „die Lektionen der Vergangenheit durch die Musik der Zukunft“ näher zu bringen. Mit erneut spannendem Ergebnis, besonders im motorisch-krautrockig treibenden, orchestral aufbrausenden „Broadcasting House“.

„This New Noise“ von Public Service Broadcasting erscheint am 08.09.2023 bei Test Card Recordings/Cargo.

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